ImageSeifert, Oliver: Roma und Sinti im Gau Tirol - Vorarlberg. Die Zigeunerpolitik von 1938-1945. in: Tiroler Studien zu Geschichte und Politik Bd. 6. Studienverlag. ISBN 3-7065-4164-5. Innsbruck 2005. Paperback,
227 Seiten mit Tabellen.
http://www.studienverlag.at

Ist die Verfolgung und das Schicksal der Juden Tirols ausreichend dokumentiert, so fehlten bis jetzt Untersuchungen zu diesem Thema bezüglich einer anderen ethnischen Gruppe: den Roma und Sinti.  Diese Volksgruppe wurde von den Behörden bereits vor 1938 verfolgt, da das Nomadentum zu Vorurteilen und Spekulationen anregte. Im Dritten Reich steigerte sich die Verfolgung zur Ausrottung. Neben den Angehörigen der Roma und Sinti wurden auch nicht sesshafte Einheimische, im Volksmund als "Karner" bezeichnet, verfolgt.
Das Buch "Roma und Sinti im Gau Tirol-Vorarlberg" versucht diese Lücke zu schließen.
Nach dem Versuch einer Definition der Bezeichnungen, folgt ein interessantes Kapitel der Repressalien, welche die Regierungen Österreichs und die Bezirkshauptmänner Tirols, gegen diese Volksgruppe verordneten.
Ab diesem Abschnitt widmet sich das Buch den Nationalsozialistischen Maßnahmen. Von Inhaftierung nicht sesshafter Personen unter dem zynischen Begriff "Vorbeugende Verbrechensbekämpfung", bis hin zum "Ausschwitzerlass" wird ein weiter Bogen gezogen. Im Mittelpunkt dabei steht zumeist Gauleiter Hofer, der seinen Gau "Tirol-Vorarlberg" schnellstmöglich "Zigeunerfrei" haben wollte und zu diesem Zwecke eine Anzahl von Eingaben beim RSHA und Himmler persönlich machte. So schlug er unter anderem vor, alle "Zigeuner" reichsweit zu zwingen, ein Dreieck auf ihrer Kleidung zu tragen, um allfällige Wanderbewegungen zu verhindern.
Den Abschluss des Buches stellt die Schilderung des Schicksals der Roma und Sinti nach dem Ende des Dritten Reiches dar. Wie bei vielen Verbrechen aus dieser Zeit wurden die Täter großteils nicht verfolgt und den Opfern die Anwendung des Opferfürsorgegesetzes zumeist verweigert. Auch endete die Diskriminierung nicht.

Nach einem eher "trockenen" Anfang, steigert sich das Interesse an der Thematik beim Lesen. Akten, Gesetze und Verordnungen wurden vom Autor sehr genau untersucht, jedoch wäre es interessant gewesen, mehr Zeitzeugenberichte einfließen zu lassen. Ein wichtiger Punkt des Buches wird erreicht, da es für ein Thema sensibilisiert, welches in unserer Gesellschaft bis heute großteils vergessen wurde. Immer noch werden Begriffe wie "Zigeuner" und "Karner" von großen Teilen der Bevölkerung für "Roma und Sinti"  beziehungsweise für "Janisch" verwendet. Jede Veröffentlichung, die sich gegen die Stereotypisierung bei Volksgruppen widmet, ist deshalb besonders wichtig.
Zu bemängeln bleibt jedoch, dass dieser Band vollkommen auf Bilddokumente verzichtet. Obwohl der Inhalt berührt und Wissen vermittelt, können Bilder oft dem Leser einen noch tieferen Eindruck über das Geschriebene hinterlassen.
Für den Inhalt würde dieses Buch von unserer Redaktion eine Bewertung von 4,5 von 5 möglichen Punkten bekommen, da aber leider auf einen Bildteil verzichtet wurde, vergeben wir "nur" 4 Punkte. Dies entspricht einer Kaufempfehlung.