Erste urkundliche Erwähnung: Im „Indicilus Arnonis" aus dem Jahre 788/90 ist neben der Kirche der Ur- und Mutterpfarre in Ebbs eine weitere Kirche vermerkt, welche auf Grund des heiligen Georgs-Patroziniums auf die Kirche in Niederndorf hinweist. Seine erstmalige urkundliche Erwähnung erfährt Niederndorf im bayrisch-herzoglichen Urbar aus dem Jahre 1230, wobei unter dem Steueramte Kufstein der Ort Niederndorf mit der Leistung verschiedener Abgaben vermerkt ist.
So führen mehrere Anwesen und Güter, auch Schwaighöfe genannt, den Zins an ihren Grundherren in Form von Geld, Vieh, Wein, aber auch Hafer und Weizen ab, was also bedeutet, daß in jener Zeit nicht nur Gras-, sondern auch Feldwirtschaft betrieben wurde.
Daß das hierortige Gebiet bereits prähistorisch besiedelt war, ist durch Funde bezeugt, deren bedeutsamster jener figural skulpierte Bronzegürtelhaken ist, der in der Fraktion Hölzelsau gefunden wurde und dessen Alter auf die erste Stufe der Latenezeit, also bis rund 400 v.Chr. datiert wird.
Heanaburg: Die Herkunft dieses Gürtelhakens nimmt man aus der sogenannten Hünenburg (im Volksmund Heanaburg) an. Konservator Reinecke, der diesen Fund 1923 publizierte, vermutete auf dem Rücken oberhalb des Steinbruches in der Hölzelsau diese prähistorische Burg. Er glaubte auf der Nord-Ost-Seite den Rest eines Sperrwalles zu erkennen, wahrscheinlich Überreste einer größeren Besiedlung der Eisenzeit. Zur Bekräftigung dieser Ansicht gibt auch die Urkunde aus dem Jahre 1387 Anlaß, in der Chunrad an dem Eckh purger zu Chufstein seiner Tochter Margreth, Chlosterfrau zu Altenhohenau drei Güter schenkt, unter anderem das Gut auf dem Rain bei der Altenburg, gelegen in Chufsteiner gericht in Ebser pfarr und in Niederndorfer Chräutztracht (im 14. Jh. Soviel wie Gemeinde).
Römerstraße: Nach Christi Geburt drangen die Römer in das Land und erschlossen dies mit ihren Straßen. Eine solche „Römerstraße" führte auch durch Niederndorf, und zwar von Erl kommend über Schönau und Haunhold nach Hölzelsau und verlief dort auf der Landstraße um eine sumpfige Wiese herum in den Ort von heute, beim Gradlwirt vorbei und auf der Linie der heutigen Hauptstraße Richtung Walchsee, wo sie bei Bruckhäusl auf einer Römerstraße den Jennbach überquerte.
Durch die Eroberung der Festung Kufstein durch König Maximilian I. im Jahre 1504 kam Niederndorf mit den Herrschaften Kufstein, Kitzbühel und Rattenberg zu Tirol.
Im Jahre 1549 erstellte am 20. Oktober der damalige Stadt- und Landrichter von Kufstein, Christoff Zeller, auf Ersuchen der „nachpern zu Nyderndorf – 27 an der zahl" eine Dorfordnung, die vor allem den landwirtschaftlichen Bereich zu ordnen und zu überwachen hatten (Weiderechte, Errichtung von Zäunen u.ä.).
1696 wird in Niederndorf erstmals eine Schule nachgewiesen, welche noch in einem Bauernhaus untergebracht war.
Am 12. August 1704, im spanischen Erbfolgekrieg – genannt der „Bayerische Rummel", fielen die Bayern in Niederndorf ein und zündeten den Ort an allen Ecken und Enden an, wobei 42 Häuser in Schutt und Asche gelegt wurden. Außerdem verbrannten alle wichtigen Aufzeichnungen, Matriken, Dokumente und Urkunden.
Am 18. Juni 1706 verlieh Kaiser Josef I. den Untertanen zu Niderndorf das Marktrecht zur Abhaltung eines Jahrmarktes, jeweils am St. Martini-Tag eines jeden Jahres. Die Begründung für dieses Marktverleihungsprivileg lautet wie folgt: „Wir, als derzeit regierender Herr und Landesfürst möchten allergnädigst geruhen, denselben Niederndorfern in Anbetracht ihrer gegen den im Jahre 1704 vorgefallenen bayerischen-französischen feindlichen Einfall in unsere fürstliche Grafschaft Tirol durch Ergreifung ihrer Waffen gehorsam gezeigten Ergebenheit und wegen der durch Plünderung und Brandschatzung erlittenen Schäden obgenannte Marktfreiheiten zu verleihen..."
1744 im Verlauf des Österreichischen Erbfolgekrieges (Kaiserin Maria Theresia) erfolgte erneut ein Einfall der Bayern bei Windshausen in Erl. Dieser Einfall wurde aber von den Schützen der Unteren Schranne, wobei auch die Niederndorfer beteiligt waren, zurückgeschlagen.
Um die Zeit 1750 versah der berühmte Maler Josef Adam Mölk die Pfarrkirche mit 20 Fresken, welche bei der Renovierung im Jahre 1948 entdeckt und erhalten wurden.
Am 6. April 1756 erteilt seine kaiserlich, königliche Majestät Maria Theresia die Bewilligung zum Bau eines Schulhauses. Der Bau wurde noch im gleichen Jahr begonnen und entstand dort, wo sich heute der Pfarrhof erhebt.
1776/78 entstand auf dem Hechenberg anstatt der „hölzernen Kapelln" die Wallfahrtskirche „ Maria Heimsuchung". Dieses Kirchlein wurde auf Grund eines Gelöbnisses anläßlich des Auszuges der Niederndorfer Schützen zur Verteidigung des Grenzpasses Windshausen infolge des Krieges mit Bayern im Jahre 1744 erbaut. Diese 640 m hoch gelegene Hechenbergkirche weist einen besonderen Schatz an historisch und geographisch sowie volkskundlich wertvollen Votivbildern auf. Der Wallfahrtsort „Maria Heimsuchung" wird von jung und alt aus nah und fern besucht.
In der Zeit von 1710 bis 1780 blühte in Niederndorf besonders das Handwerk der Huf-, Nagel- und Waffenschmiede. Hier wird im Schiedeinschreibbüchl von 1712 für das Landgericht Kufstein eine große Anzahl genannt.
1796/97 bekam Niederndorf das erstemal die Freiheitskämpfe der Tiroler zu spüren. Am 26. August 1796 besichtigte Genie-Major Du Bron, der für die Instandsetzung der Festung Kufstein zuständig war, die Grenzposten in der Gegend von Ebbs, Niederndorf, Wildbichl, Walchsee und Windshausen, um dort gute Stellungen und die Möglichkeit ihrer Befestigung zu erheben.
1800 stürmen die Bayern und Franzosen auf Windshausen, werden aber zurückgeschlagen.
1801 hatte Niederndorf 454 fl 38 kr an Unterkunfts- und Verpflegungskosten sowie Vorspannkosten für die Armee zu bezahlen.
1805 besetzten die Bayern die Untere Schranne. Am 1. Mai 1809 erfolgte die Besetzung der nördlichen Pässe (Windshausen, Wildbichl) und der bayerische General Vincent weicht zurück. Zehn Tage später wurden unter der Führung Speckbachers feindliche Angriffe abgeschlagen. Es kommt wiederum zu Kämpfen in Wildbichl und Windshausen und am Paß Strub, der Anführer der Niederndorfer Schützen war der Jagglbauer. Niederndorfer waren auch bei den drei Belagerungen der Festung Kufstein, die nicht von Erfolg begleitet werden, mit dabei.
Dieses Jahr 1809 brachte durch diese kriegerischen Ereignisse für Niederndorf große Schwierigkeiten und Belastungen. Nach der Rückkehr Tirols zu Österreich kam es nach den schweren Kriegsjahren zu Hungerjahren (1815 – 1817), wob
ei Mißernten und schlechtes Wetter die Ursachen waren. Das Eintreten einer großen Teuerung war natürlich die Folge, die die Bevölkerung schwer belastete.
1842 bis 1844 grasierte ein starkes Nervenfieber in Niederndorf, viele mußten aufs Krankenbett und auch Tote waren zu beklagen.
1846 wurde die Schützengilde Niederndorf gegründet und im Jahre 1848 erfolgte die Gründung der Musikkapelle.
Im Jahre 1877 erfolgte an der Südseite des Kirchenhügesl der Bau eines Schulhauses.
Im Jahre 1910 begann die Verbauung des Jennbaches, welcher durch Überschwemmung immer wieder große Schäden anrichtete. Gemeinsam mit der Gemeinde Ebbs wurde dabei ein 2,4 km langer Schutzdamm bis zur Mündung in den Inn errichtet und das Gerinne mit 24 Grundschwellen versehen. Unter dem Jennbach hindurch leitete man auch den Gießenbach („Ebbsen" genannt). Diese Bauwerk erhielt wegen der hohen Kosten dann im Volksmund die Bezeichnung „Millionenloch".
In dieser Zeit wurde auch der Bau der Ortswasserleitung ausgeführt.
Die beiden großen Weltkriege forderten auch von der Pfarrgemeinde Niederndorf sehr große Opfer. So gab es im ersten Krieg 65 Gefallene und aus dem zweiten Krieg kamen 96 Soldaten nicht mehr zurück in die Heimat. Den Gefallen wurde im Jahre 1952 in der Dorfmitte ein neues Denkmal gesetzt.
In den Jahren 1926 – 1929 wurde ein großes Bauwerk ausgeführt, das von sehr großer Bedeutung war und heute noch ist. Man baute die Straße und Brücke über den Inn und erschloß somit einen wichtigen Verkehrsweg. Die Ausführung dieses Projektes und die darauffolgenden politischen Verhältnisse brachten die Gemeinde Niederndorf in eine schwierige finanzielle Lage. Alle Gemeindeeigentümer einschließlich des Schulhauses waren verpfändet. Der letzte Teil dieser großen Schuldenlast konnte erst im Herbst 1945 getilgt werden. Ein besonderer Dank muß jenen beherzten Männern ausgesprochen werden, die die sinnlose Sprengung der Innbrücke während der letzten Kriegstage verhindert haben.
Nach dem zweiten Weltkrieg machten sich die Niederndorfer beherzt daran, den wirtschaftlichen Aufschwung voranzutreiben.
1948 wurde unter Pfarrer Aschaber eine groß angelegte Kirchenrenovierung durchgeführt. Das Ortswasserleitungsnetz wurde erweitert und neue Trinkwasserquellen gefaßt.
1954 konnte die neuerbaute Anlage eines Freischwimmbades in der Nähe des Jennbaches der Öffentlichkeit übergeben werden. Dieser Schwimmbadbau bildete eine wesentliche Grundlage für den aufstrebenden Fremdenverkehr und brachte für die Dorfbevölkerung eine große Arbeitsbeschaffung.
1957 bezog die Feuerwehr ein neues Feuerwehrhaus, in diesem Gebäude konnten auch Räume für die landwirtschaftliche Berufsschule untergebracht werden.
1960 eröffnete die Raiffeisenkasse mit einem neuen Gebäude, in dem auch Post und Gendarmerie untergebracht wurden, ihren Betrieb, der sich seither immer mehr ausgeweitet hat.
1962 sicherte sich Niederndorf durch den Bau eines Grundwasserpumpwerkes eine ordentliche Wasserversorgung.
Im Jahre 1964 konnte das neue Volksschulgebäude mit Gemeindehaus und Wohnungen seiner Bestimmung übergeben werden.
Neben der kommunalen Bautätigkeit stieg auch die private Bautätigkeit sehr an, waren es 1945 noch 135 Häuser, so zählte man 1966 bereits 275 Häuser.
1969/1970 wurde das Freischwimmbad umgebaut und erneuert, mit einer Filter- und Heizanlage versehen, um den neuzeitlichen Erfordernissen zu entsprechen.
Im Jahre 1969 wurde auch mit dem Bau der Hauptschule begonne, wobei auch eine Turnhalle mit darunterliegendem Gemeinschaftssaal mit Bühne (Fassungsvermögen für 300 Personen) zur Ausführung gelangte. Diese Bauwerk wurde 1971 eingeweiht.
Am 25. November 1972 wurde Niederndorf das Gemeindewappen verliehen, das in Anlehnung an das alte Kirchenpatrozinium den hl. Georg als Drachentöter zeigt. Bei diesem Festakt wurden auch verschiedene Ehrungen verdienter Gemeindebürger vorgenommen.
Auf Grund des enormen Anstiegs der Bevölkerungszahl in der Pfarrei Niederndorf und des Platzmangels im Kirchenfriedhof schufen die drei Fraktionsgemeinden eine neue schöne Friedhofsanlage an der Nord-Ost-Seite des Dorfes, gelegen an der Straße nach Pittlham.
1974 bezog die Raiffeisenkasse ein neues Mehrzweckgebäude, das an Stelle der alten Volksschule am südlichen Kirchenaufgang errichtet wurde. Dieses Gebäude beinhaltet auch das Fremdenverkehrsbüro und mehrere Wohnungen.
Im Herbs 1977 wurde der neuerbaute Kindergarten mit Gymnastiksaal und Räumlichkeiten für die Sportler in Betrieb genommen. Es werden zwei Kindergartengruppen mit je 30 Kindern geführt, außerdem mußte mit einer Schulklasse auf Grund der enormen Schülerzahl und der Schulraumnot in den Kindergarten ausgewichen werden.
Der Verfasser ist sich im Klaren, daß dieser Bericht nur einen Teil der Geschichte Niederndorfs darstellt. Viel zu viele Quellen sind noch nicht erforscht und berücksichtigt.
Quelle: Gemeinde Niederndorf