Im Jahr 1580 wurde unter Mitwirken des Tiroler Landesfürsten Erzherzog Ferdiand II. unter dem Patronat des hl. Leopold eine eigene Tiroler Franziskanerprovinz gegründet, welche die franziskanischen Klöster in dessen Herrschaftsgebiet und jene in den beiden Tiroler geistlichen Hochstiften vereinen sollte. Es entstand eine neue Entität aus Niederlassungen aller drei franziskanischen Ordenszweige im Gebiet des heutigen Nord- und Südtirol sowie im Württembergischen, den sogenannten Österreichischen Vorlanden, die von Innsbruck aus regiert wurden. Anfangs bestand die Provinz aus den alten Niederlassungen in Bozen, Brixen und Freiburg, deren Gründung ins 13. Jahrhundert zurückgeht und aus der Österreichischen bzw. der Oberdeutschen Observantenprovinz herausgelöst worden waren. Auch das Kloster Schwaz, das 1507 von Wien aus besetzt wurde und das seit 1564 in Innsbruck bestehende Hofkloster mit Brüdern aus der Venediger Provinz kamen an die neue Tiroler Provinz, daneben die Klarissenklöster Brixen und Freiburg, sowie eine Reihe von Terziarbrüder- und Schwesternklausen in Vorderösterreich.
Noch im 17. Jahrhundert, besonders nach Einführug der Reform nach dem Muster der spanischen Diskalzeaten, wuchs die Zahl der Neugründungen rasch an. Kaltern, Innichen, Hall, Reutte, Füssen, Telfs, und die Klöster des Ersten Ordens in Vorderösterreich kamen dazu.
Das 17. und 18. Jahrhundert brachten der Provinz eine Blütezeit, personell (um 1740 fast 500 Mitbrüder), aber auch was die seelsorgliche und wissenschaftliche Arbeit angeht. Die um 1780 an die Provinz gekommenen Gymnasien in Hall und Bozen waren ein wichtiger Ort der Heranbildung potenzieller Ordenskandidaten.
Mit den staatskirchlichen Auswüchsen vor allem unter Kaiser Josph II. war der Glanzzeit der Provinz ein Ende gesetzt. Zum einen mussten die Klöster in Vorderösterreich und das Kloster Füssen 1783 abgetrennt werden, zum anderen verlor die Provinz ihren Hauptsitz durch die Aufhebung des Innsbrucker Hofklosters im Jahr 1785. Als Ersatz dafür erhielt die Provinz zumindest das ehemaliger Karmeliterkloster in Lienz.
Nach den napoleonischen Kriegen und der bayerischen Fremdherrschaft in Tirol zu Beginn des 19. Jahrhunderts erstarkte die Ordensprovinz wieder; 1818 wurden die Klöster Salzburg und St. Anton im Pinzgau von der aufgelösten Oberseutschen Provinz übernommen, besonders aber die damals allgemeine Missionsbegeisterung brachte neue Berufungen; Tiroler Franziskaner-Missionare gingen nach Oberägypten, ins Heilige Land, nach Nordamerika (Tochterprovinz Cincinnati) und sogar nach China. In der damals aufgenommenen Volksmission in der Heimat bot sich ebenfalls ein neues Tätigkeitsfeld.
Auch innerhalb von Österreich konnten neue Niederlassungen eröffnet werden, besonders in Oberösterreich (Enns, Baumgartenberg, Pupping, Maria Schmolln, Suben, Bruckmühl und Steyr).
Der Erste Weltkrieg brachte nicht nur personelle Verluste, sondern als Folge auch die Abtrennung der Südtiroler Klöster im Jahr 1927.
Im Zweiten Weltkrieg hatte die Provinz viel zu leiden (Einberufungen, Gefallene, Aufhebungen, Einquartierungen), konnte sich nach Kriegsende jedoch alsbald konsolidieren.
Im Laufe der Jahre entfaltete sich ein weitgefächertes Tätigkeits-Spektrum, das freilich durch den allgemeinen Rückgang der Ordensberufungen nach und nach wieder eingeschränkt werden muss.
Neuen Auftrieb bekam das Leben in der Tiroler Provinz durch die Wiedervereinigung mit den Südtiroler Klöstern im Jahre 2001 unter dem Patronat des sel. Engelbert Kolland, eines Tiroler Mitbruders aus dem Zillertal, der 1860 in Damaskus als Blutzeuge Christi starb.
(P. Oliver Ruggenthaler ofm)