Image Junger, Franz: Das Gullibuch, neu herausgegeben von Wolfgang Morscher;
http://www.sagen.at/; Innsbruck; 2006. Paperback
194 Seiten mit Zeichnungen.

Wie Jugendliche das Schulsystem zur Jahrhundertwende erlebten, ist heute über Oral History Methoden nicht mehr nachzuvollziehen.  Dass sich sowohl Lehrziel, Methode und Inhalte seither grundlegend geändert haben, steht außer Frage. Viele theoretische Schriften befassen sich zwar mit dem Thema, doch können diese nicht auf einer emotionellen Ebene, die damalige Zeit und die Situation in der sich die Schüler befanden wiedergeben. Das Gullibuch besteht zu einem Großteil aus Mitschriften zweier Schüler, welche das Vergnügen hatten, bei Alfons Quellcasa (dessen Spitzname bei den Schülern „Gulli" war) zwischen 1895 und 1903 Naturkundeunterricht am Gymnasium Brixen zu erhalten.

Quellcasa wurde am 3. März 1843 im ladinischen Largazonei geboren. Nach der Weihe zum Priester im Jahre 1871 wurde er Professor am K. u. K. Gymnasium Brixen für das Fach Naturgeschichte, wo er bis 1912 unterrichtete. Ein Jahr nach dem Ende seiner Lehrtätigkeit verstarb er. Durch seine Herkunft hatte er kleinere Probleme mit der Deutschen Sprache; wodurch seine Vorträge und Ermahnungen, welche im Buch wiedergegeben sind, teilweise schon allein aufgrund der Ausdrucksweise zum Schmunzeln anregt. Besonderes interessant sind die Naturkundlichen Vorträge, welche über den damaligen Stand der naturkundlichen Unterweisungen in der Schule Auskunft geben. Daneben kann man zwischen den Zeilen  sehr genau das Umfeld und die Interessen der damaligen Jugend herauslesen. Vor allem in den Abschnitten, in denen der Professor seine Schüler in einzigartiger Weise tadelte.
Daneben wird das methodische Denken, welches Quellcasa seinen Schülern beizubringen versuchte deutlich - aus seinen Klassen stammten einige spätere Naturwissenschafter, welches es zu großem Ansehen brachten.

Das Gullibuch ist wahrscheinlich die humorvollste Quelle zum Schulwesen zur Jahrhundertwende. Der Humor und auch die Sprache Quellcasas sind unglaublich einzigartig und verführen den Leser mehrmals zu herzhaftem Lachen. Von der humoristischen Seite kann man dieses Werk fast mit der „Feuerzangenbowle" gleichsetzen.  Daneben wird man in eine längst vergangene Zeit entführt, in die man sich von Seite zu Seite mehr hineinleben kann.
Vom historischen Standpunkt aus, bietet das Buch zwischen den Zeilen ein wichtiges Dokument zur Rekonstruktion der damaligen Bedingungen und sozialen Umstände der  Schüler.

 Wir vergeben für „das Gullibuch"  5 von möglichen 5 Punkten und sprechen damit eine uneingeschränkte Kaufempfehlung aus.

Autor: Mag. Michael Fritz