Wappen von GaltürOrtsteile*: Galtür, Au, Außertschafein, Biarcha, Egg, Egga, Frühmessgut, Gafelar, Gampali, Gugermühl, Hochegg, Kirchenegg, Landli, Lenzenhäuser, Maaß, Maaßli, Platz, Mentenhäuser, Mühl, Poart, Tschafein, Unterrain, Winkl, Wirl

Galtür liegt am Schnittpunkt der romanischen, alemannischen und bajuwarischen Kulturkreise. Es wurde von drei Seiten besiedelt und geprägt: Von den Engadinern aus dem Süden, den Walsern und Vorarlbergern aus dem Westen und von Tirolern aus dem Osten.

Die ersten romanischen Siedler besetzten die Almen rings um den damals noch versumpften Talboden am Zusammenfluss von Vermunt- und Jambach. Seit 1095 hatten sie ihre Käse-Zinse an Grundherren im Unterengadin und im fernen Vinschgau abzuliefern. Diese Zinsverpflichtungen bestanden bis zu den Zeiten Napoleons, also über 700 Jahre lang. Der Name Galtür = Cultura erinnert noch an die Kultivierungsarbeit der Engadiner. Um 1313 ließen sich etwa 50 Walser Familien in dem inzwischen trockengelegten Talboden nieder. Sie blieben noch lange Zeit die "Fremden" im innersten Paznaun. Als der Bischof von Chur im Jahre 1383 die erste Kirche in Galtür weihte, unterscheidet er ausdrücklich die "Einheimischen" von den "Wallisern". Auch beim Friedensschluss der Appenzeller mit ihren fürstlichen Gegnern werden 1408 die "Walliser auf Galtür" neben den "Landleuten im Paznaun" angeführt.

Während des Engadiner Krieges im Jahre 1499 lag Galtür mitten in der Frontlinie zwischen den Tirolern und Bündnern. Es galt als Tiroler Gebiet; aber beim Friedenschluß reklamieren die Bündner die Zuständigkeit des Gerichtes von Sent für unser Dorf. Die romanische Minderheit empfand sich also immer noch zum Engadin gehörig. Erst im Jahre 1567 konnte der Richter in Nauders seiner Regierung - auf eine entsprechende Anfrage - melden: Die Gerichte Ischgl und Galtür liegen nicht in Bünden, sondern in der fürstlichen Grafschaft Tirol ... und sein durchaus fürwahr gutherzig österreichische Leut ..."

Die enge Verbindung mit dem Engadin blieb bestehen. Die Saumpfade und Karrenwege, welche über die 2500 m bis 2800 m hohe Silvrettapässe angelegt wurden, zeugen von einem lebhaften Handelsverkehr. - Aber auch Konflikte konnten nicht ausbleiben. Bei einem Streit um die Alpen in Vermunt kam es im Jahre 1599 zu Handgreiflichkeiten, die nur mit Mühe geschlichtet werden konnten. Die Engadiner setzten sich zunächst durch: Sie blieben die Herren im weitläufigen Almgebiet und weigerten sich, Steuern nach Tirol zu entrichten. Andererseits waren sie oftmals darauf angewiesen, ihre Herden durch Galtürer Gebiet zu treiben; dafür forderten die Galtürer regelmäßige Zahlungen. Jahrhunderte später wurden diese Mautgebühren als steuerähnliche Abgaben gedeutet; so hat die Schweiz um 1860 die staatsrechtliche Zugehörigkeit des Vermunt zu Österreich anerkannt.

Im Dreißigjährigen Krieg zogen mehrmals Truppen durch unser Dorf. Dabei wurde Galtür arg geplündert; die Kirche und viele Häuser gingen in Flammen auf. Das Dorf hat sich lange nicht von den Schäden erholt; erst 1645 wurden die aufgelaufenen Steuerschulden endgültig erlassen.

Die mündliche Überlieferung berichtet von endlosen Ketten von Katastrophen: Lawinen und Hochwasser, Muren und Steinschläge haben die Menschen heimgesucht. Daneben deuten die Quellen aber auf einen ständig ansteigenden Wohlstand. Tatkräftige und weitblickende Pfarrherren haben Galtür im 18. Jahrhundert zu einem weitum bekannten Wallfahrtsort gemacht. Ein im Jahre 1722 gegründeter "Seelenbund", der heute noch besteht, wies Mitglieder aus ganz Tirol aus, aber auch aus Augsburg oder Trient. Als in den Jahren 1776 bis 1778 die Kirche neu gestaltet wurde - damals entstand der heute noch stehende Barockbau - konnte dieses Vorhaben vollständig mit privaten Spenden finanziert werden.

Im 19. Jahrhundert wurden die ersten Straßen durch das Paznaun gebaut. Die Reisenden aus der großen weiten Welt "entdeckten" Galtür . Sie fanden ein armes Dorf vor, "mit einer Kirche, einem Gasthaus und 7 bis 8 elenden Hütten," wie es in einem Bericht heißt. Was Lawinen und Hochwasser, hartherzige Grundherren und Steuereintreiber durch Jahrhunderte nicht vermocht hatten, brachte die neue Zeit mit ihrer "Globalisierung" fertig: Billige Lebensmittel wurden mit der Eisenbahn herangekarrt, die Preise verfielen und die Bergbauern verarmten. Die uralten Wege über die hohen Pässe wurden zu Schmugglerpfaden; statt Getreide schleppten die Paznauner jetzt Kaffee und Tabak vom Engadin, um das nackte Überleben zu sichern. - Aber eines Tages ging es wieder aufwärts: Die Bergsteiger entdeckten die Schönheiten der Silvretta, die Jamtalhütte wurde gebaut, bald darauf das Hotel Fluchthorn. Die Touristen brachten erneut Leben und Wohlstand in das Tal.

Noch vorher war eine Entscheidung gefallen, die weit zurück reicht: Im Jahre 1900 kaufte Galtür von der Gemeinde Ardez das Vermunt. Schon 14 Jahre nach der Zahlung der letzten Rate wurden die Vorarlberger Illwerke gegründet, die heute mit dem aus den Bergen stürzenden Wasser Milliarden-Umsätze machen. Die einst so umkämpfte Alm wurde durch die Silvretta-Hochalpenstraße für Millionen von Touristen erschlossen - ein happy-end für die 600 Jahre währende "spannungsreiche Partnerschaft" mit dem Dorf jenseits der Berge, das eines Hollywood-Films würdig wäre....

Kirchengeschichte:*

Ursprünglich gehörte Galtür kirchlich zur Pfarre Ardetz-Steinsberg im Unterengadin. Da die Toten im Winter nicht zum Engadiner Friedhof gebracht werden konnten und auch der Weg aufgrund der Schneelage zur Mutterpfarre nicht möglich war, errichtete man im Jahre 1383 eine eigene Kirche, worauf der Churer Fürstbischof der Gemeinde einen Kaplan gewährte. Schon vor 1500 konnte sich der Ort von der Urpfarre lösen und erhielt eine eigene Pfarrei.

Kirche zur Mariä Geburt (Pfarrkirche)

1359 wurde die erste Kirche in Galtür begonnen, wobei sie erst 1383 durch den Churer Fürstbischof eingeweiht wurde. Bereits seit 1360 befand sich ein Gnadenbild in Galtür, das Zielpunkt vieler Wallfahrten wurde. Der Sage nach hat ein Mann in einem Traum die Statue gesehen und den Auftrag erhalten sie zu suchen. Bei Landeck soll er sie im Inn gefuinden haben.

Im 15. Jahrhundert wurde das Gotteshaus erweitert und Galtür zur Pfarre erhoben.

1622 wurde. Infolge des Engadiner Krieges wurde Galtür niedergebrannt und auch die Kirche wurde ein Opfer der Flammen. Nur das Gnadenbild soll von der Inneneinrichtung der Chor und der Unterbau des Turmes von der Bausubstanz erhalten geblieben sein. Sofort nach der Zerstörung des Gotteshauses wurde der Neuaufbau begonnen.

Im 18. Jahrhundert wurde das Gotteshaus nochmals ausgebaut und im Rokoko Stil umgestaltet. Zwischen 1967-68 wurde die Kirche letztmals erweitert und umgebaut.

Berühmte Persönlichkeiten aus Galtür*

Pfeifer, Johann

Geb. 7.7.1820 in Galtür, gest. 31.12.1888 in Meran

Für einen einfachen Bauernsohn atypisch, besuchte Johann Pfeifer das Gymnasium in Meran und studierte später Jus in Wien. Nach einigen Jahren als angestellter Jurist, wurde er im Jahre 1860 Sekretär des Erzherzogs Karl Ludwig. Aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme ging er 1871 in Pension und zog sich nach Meran zurück.

1853 veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband „Gedichte“ bei der Wagner’schen Verlagsanstalt in Innsbruck. Seine patriotischen und religiösen Gedichte wurden von den Zeitgenossen sehr geschätzt. Am 31.12.1888 verstarb Pfeifer in Meran.

 


 

Anmerkung:

Dr. Dr. Nikolaus Huhn gilt als der bedeutenste Kenner der Geschichte von Galtür. Er hat in seinem Ruhestand das Studium der Philosophie abgeschlossen. Für die Dissertation wählte er das Thema "Galtür Ardez - Geschichte einer spannungsreichen Partnerschaft". Er ist der "geistige Vater"   und Hauptautor des Galtür-Buches.

* Die Abschnitte: "Ortsteile, Kirchengeschichte, Berühmte Persönlichkeiten" wurden von MF ergänzt

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