Eine vergessene Landecker Künstlerin

Wer von der älteren Generation kennt nicht die ÑSpötl-Bildchenì, die als Fleißzettel in der Schule begehrt und gesammelt, auch in vielen Poesie-Alben einen festen Platz gefunden haben.

Engl bei SchularbeitenWenn man den Namen der Kunstmalerin Maria Spötl zu Recht mit der Knappenstadt Schwaz assoziiert, in der sie den größten Teil ihres Lebens zugebracht und ihr künstlerisches Talent voll entfaltet hat, so darf dennoch auch ihre Geburtsstadt Landeck stolz auf diese Künstlerin sein.

Geboren wurde Maria Elisabeth Spötl am 15. September 1898 im Gasthaus ÑTiroler WeinstubeÑ in der Malserstraße, das damals allerdings nicht diese Bezeichnung führte. Ihre Mutter war eine geborene Geiger, die das Haus und die Gastwirtschaft von ihrem Vater geerbt hatte. Die Geiger sind ein altes Landecker Geschlecht, das über Generationen das Schlosser- und Schmiedehandwerk ausgeübt hat. Jakob Geiger, der Begründer der Eisenwarenhandlung, die nach seiner Tochter Cordula heute noch die Firmenbezeichnung ÑCorda Geigerì trägt, war ein Bruder ihres Großvaters Anton Alois.

Anton Alois Geiger war ebenfalls Schlosser und baute in den Garten seiner Geschwister im Jahre 1844 ein Haus, in dem er ebenerdig eine Schlosserei einrichtete. Allerdings mußte er diesen Beruf bald an den Nagel gehängt haben, denn er wird in den Urkunden ab 1850 als Handelsmann bezeichnet. In erster Ehe war er mit Josefa Holer verheiratet, die ihm drei Söhne und eine Tochter gebar. Er eröffnete in Flirsch und Pettneu Filialen seines Geschäftes und erwarb dort auch Grundbesitz. In zweiter Ehe war er mit Maria Notburg Sieß vermählt. In dieser Ehe wurde der Sohn Josef geboren und Maria Elisabeth, die Mutter der Künstlerin.

Im Jahre 1862 erhielt Anton Alois Geiger die Wirtskonzession. Als er 1877 verstarb, hinterließ er einen beachtlichen Nachlaß. Die Besitzungen im Stanzertal erhielten die Kinder aus der ersten Ehe, das Haus in Landeck Josef und Maria Elisabeth. Josef Geiger verkaufte der Schwester 1887 seinen Hälfteanteil und erwarb das Hotel Finstermünz. Den Lebensabend verbrachte er wieder in Landeck in seinem Haus neben dem neuen Widum. Seine Tochter Elisabeth verehelichte Rauscher ist in den siebziger Jahren dort gestorben.

Maria Elisabeth Geiger heiratete den aus Absam stammenden Josef Spötl, der als Postbeamter in Landeck tätig war. In dieser Ehe wurden vier Kinder geboren. Maria Paula trat 1920 bei den Töchtern des Herzen Jesu im St. Josefs-Klösterli in Schwyz ein und starb dort am 14. September 1979; Josef wurde Religionslehrer, er starb in Schwaz am 16. August 1974, Johann Thomas war schon als Kind mit 6 Jahren am 5. März 1901 gestorben. Als Josef Spötl in Schwaz die Postmeisterstelle erhielt, übersiedelte er mit seiner Familie an den neuen Dienstort. Die Mutter verkaufte am 14. August 1907 um 34.000,-- Kronen das Wirtshaus in Landeck dem Ehepaar Johann und Anna Müller.

Maria Spötl besuchte nach der Volksschule in Landeck das Institut Marienberg bei Bregenz, absolvierte dann die Staatsgewerbeschule, Abteilung Bildhauerei, in Innsbruck und vollendete ihre Studien an den Akademien in München und Wien.

Nach Schwaz zurückgekehrt, widmete sie, still und zurückgezogen, das weitere Leben ganz ihrer Kunst. Die ÑSpötl-Bildchenì entstanden und wurden in alle Teile der Welt verschickt und gesammelt. Sie täuschten eine heile Welt mit lächelnden Kindlein und pausbackigen Engelchen vor, ein Kontrast zu den realen Verhältnissen der dreißiger Jahre mit ihrer großen Arbeitslosigkeit und dem abgrundtiefen Haß, der aus politischen Gründen Parteien und Familien spaltete. Aber auch nach dem Krieg waren ihre Bildchen begehrt. Sie wirkten tröstend und fanden Zugang zu den Herzen der Menschen, die ihre Heimat verloren hatten oder vor dem Nichts standen. So läßt sich gewiß auch der weltweite Absatz erklären.

Der Ars-sacra-Verlag in München sorgte zuerst für den Verkauf ihrer Bildchen, ehe sie sich im Jahre 1936 für den Selbstverlag entschied. Sie wurden später auch als Postkarten gedruckt und fanden großen Absatz. Die Verse zu den Abbildungen, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden, verfaßte sie selbst.

Weniger bekannt ist ihr bildhauerisches Schaffen. Sie schnitzte vor allem Kruzifixe und Krippen, die ihren Weg nach Skandinavien und Übersee fanden. Ein Herzleiden zwang sie, das Schnitzen frühzeitig aufzugeben und sich nur mehr der Malerei zu widmen. Als sie der Schöpfer, den sie in allen ihren Werken ein ganzes Leben lang verherrlicht hatte, am 29. Juli 1953 nach schwerer Krankheit zu sich rief, verwalteten ihr Bruder Josef und ihre Freundin, Schwester Maria Augusta Hitthaler, den Nachlaß. Die Reproduktionsrechte wurden dem Verlag St. Gabriel in Mödling übertragen.

Wenn es heute um Maria Spötl still geworden ist, so vor allem, weil wir in unserer Nüchternheit und Sachlichkeit keinen Zugang mehr zu ihrem Schaffen finden. Die Gemeinde Landeck hat 1998 anläßlich der Feiern 75 Jahre Stadterhebung an ihrem Geburtshaus eine Gedenktafel anbringen lassen.

Georg Zobl